Magen-Darm-Beschwerden sind weit verbreitet und schränken die Gesundheit und das Wohlbefinden der Betroffenen mitunter stark ein. Die Ursache für die Störungen zu finden ist oft schwierig und langwierig. Aber nur mittels einer guten Diagnose lässt sich auch die richtige Therapie einleiten.
Unser Darm ist vergleichbar mit dem Ökosystem in einem Wald. Nur wenn das sensible Gleichgewicht in diesem Ökosystem intakt ist, kann sich der Wald gesund entwickeln. Störungen dieses Gleichgewichts lösen eine Kettenreaktion aus. Umweltverschmutzung oder Parasitenbefall zum Beispiel können dieses Gleichgewicht stören und sich auf das ganze Ökosystem auswirken. So wie der Wald krank werden kann, so kann auch der Darm krank werden wenn sein Ökosystem aus dem Gleichgewicht gerät.
Der Darm hat neben der Verdauung und Nährstoffaufnahme noch viele weitere Funktionen. Er reguliert den Wasserhaushalt, produziert Hormone und Botenstoffe und hat eine immunologische Bedeutung. Ausserdem leitet er Nervenimpulse weiter an unser Gehirn. Damit nimmt der Darm direkt Einfluss auf unser Wohlbefinden und unsere Stimmung, ohne dass es uns bewusst ist.
In unserem Darm leben mindestens 15 000 verschiedene Keimspezies. Die Zusammensetzung dieser Darmbakterien ist von entscheidender Bedeutung. Eine gesunde Darmflora, auch Mikrobiom genannt, schützt uns vor Infektionen, versorgt die Darmschleimhaut mit Nährstoffen und schützt sie vor krankmachenden Keimen, regt die Darmbewegung an und produziert Vitamine und kurzkettige Fettsäuren. Die Zusammensetzung der Dünndarmflora unterscheidet sich wesentlich von der des Dickdarms, da sie unterschiedliche Aufgaben haben.
Wenn die Bakterienflora des Dünndarms auf den Dickdarm übergreift nennt man das in der Fachsprache bacterial overgrowth. Dies kann zu vielfältigen Symptomen wie Bachschmerzen, Blähungen oder Kopfschmerzen führen. Aber auch wenn sich die Darmflora von Dick- oder Dünndarm krankhaft verändert kann dies zu Verdauungsbeschwerden und weiteren unspezifischen Symptomen führen.
Dies kann durch falsche Ernährung (zu eiweiss- und fettreich, ballaststoffarm, zu viele Zusatzstoffe in der Nahrung), Verdauungsstörungen wie Leber- Gallenblase oder Pankreaserkrankungen, Darminfekte, Allergien oder Medikamenteneinnahme hervorgerufen werden. Aber auch die allgemeine Lebensführung hat einen grossen Einfluss auf die Darmgesundheit. Stress, Rauchen, Fastfood, Umweltgifte, Bewegungsmangel aber auch psychische Belastungen können genauso zu Verdauungsstörungen führen.
Langfristig kann eine gestörte Darmflora zu Entzündungsreaktionen im Darm führen. In deren Folge wird die normalerweise für Fremdstoffe undurchlässige Darmschleimhaut „löchrig“ und lässt Stoffe in die Blutbahn übertreten die eigentlich nicht in die Blutbahn gehören. Dadurch steigt das Risiko für Autoimmunerkrankungen, Allergien und allgemeine Entzündungsreaktionen stark an.
Eine gesunde Darmflora und ein gesunder Darm haben einen sehr grossen Einfluss auf unsere Gesundheit und es ist deshalb sehr wichtig dieses feinabgestimmte Ökosystem zu pflegen oder wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Ein kranker Darm kann die Ursache vieler Erkrankungen wie Allergien, Migräne, Neurodermitis, Heuschnupfen, Asthma, Depressionen, Demenz u. v. m. sein. Verdauungsbeschwerden sollten deshalb nicht auf die leichte Schulter genommen oder verharmlost werden.
Eine Stuhldiagnostik erlaubt Rückschlüsse auf den Schweregrad von Darm-Erkrankungen und auf die zugrundeliegende Störung. Je nach Symptomen gibt es unterschiedliche Laboranalysen. Neben der Untersuchung der Darmflorazusammensetzung kann auch die Verdauungsleistung und die Entzündungs- und Immunparameter sowie Nahrungsmittelunverträglichkeiten getestet werden. Bei einer Stuhldiagnostik kann auch mit dem Auge nicht sichtbares Blut im Stuhl entdeckt werden. Blut im Stuhl gilt als Wahrsignal für Darmkrebs und muss genauer abgeklärt werden.
Jeder Stuhldiagnostik sollte eine gründliche Anamnese inklusive der Erfassung der Ernährungsgewohnheiten vorausgehen. Eine mögliche Therapie kann danach sinnvoll aufgebaut werden.
Neue Forschungen haben gezeigt dass das bakterielle Ökosystem des Menschen grob in 3 Enterotypen (Bakterienleitstämme) eingeteilt werden kann, unabhängig vom Geschlecht, Alter oder Wohnort der Person. Je nach vorherrschendem Stamm kann die aufgenommene Nahrung unterschiedlich gut verwertet werden. Übergewichtige Personen haben oft einen Enterotyp, der die Nahrung sehr effizient verwerten kann und im Vergleich zu den anderen Enterotypen bis zu 10% mehr Energie aus der Nahrung gewinnen kann. Mit einem neuen Stuhldiagnostikverfahren kann jetzt auch bestimmt werden, zu welchem Typ man gehört und wie man gegebenenfalls durch eine langfristige Ernährungsumstellung darauf Einfluss nehmen kann.